"Im Herbst 1989 gingen auch in Gotha tausende Menschen auf die Straße. Vom 27. Oktober an demonstrierten sie jeden Freitagabend für die Veränderung der Verhältnisse in der DDR.
Am Sonntag, den 29. Oktober 1989, sind weit über 20 000 Bürger auf dem Hauptmarkt versammelt. In einer teilweise leidenschaftlich geführten Diskussion melden sich 42 Bürger zu Wort. Die Situation wird gefährlich, als bekannt wird, dass Polizei und Staatssicherheit die Kundgebung bespitzeln. Hunderte Menschen setzen sich in Bewegung, um das 'Haus der Dienste' zu stürmen, in dem sich die Sicherheitsorgane versteckt haben. Nur mit Mühe gelingt es Kirchenvertretern, eine gewaltsame Auseinandersetzung zu verhindern.
Mit der ersten Demonstration und der großen Kundgebung auf dem Hauptmarkt hat in Gotha die 'Wende' tatsächlich begonnen. Für alle Teilnehmer, die Vertreter und Nutznießer des bisherigen Regimes ausgenommen, bringen die Stunden auf dem Hauptmarkt die eigentliche Befreiung von den Zwängen der letzten Jahrzehnte. Unmittelbar nach der Kundgebung werden die am meisten belasteten Funktionäre des Partei- und Staatsapparates aus ihren Ämtern entfernt. Die 'Götterdämmerung' der bisher allmächtigen Partei- und Staatsführung hat auch in Gotha begonnen."
Eckardt Hoffmann (Gotha, Bezirk Erfurt, heute Thüringen; geboren 1934)