Ich habe all die Veränderungen sehr begrüßt, zumal ich auch früher (vor dem Mauerfall) durch den 'kleinen Grenzverkehr' viel Bedrückendes über das grenznahe Gebiet im Osten erfahren hatte.
Die alte Bedrohungskulisse, ein Zaun aus Misstrauen und Ängsten, brach jetzt in sich zusammen. Ein historisches Machtsymbol wie das Brandenburger Tor und die darum liegende Mauer wurden, wie auf den Silvesterbildern zu sehen, erklommen, der alten verfallenen Macht mit Übermut auf dem Kopf herum getanzt – das gefiel mir. Meine Frau und ich hatten auf einer Party von der riesigen Menschenansammlung am Brandenburger Tor erfahren und fuhren spontan mit einigen Gästen dort hin. Dort angekommen war ich überwältigt von den ausgelassenen, erleichterten und fröhlichen Menschen. Andererseits schwebte über allem auch eine bedrohliche Stimmung mit latenter Aggressivität. Das hatte sicherlich etwas mit der Unsicherheit zu tun, da ein so altes Machtsymbol wie die Mauer erstürmt wurde. In dieser aufgeladenen Stimmung wurde ich angerempelt und wäre fast hingefallen. Meine Frau sorgte sich darum, dass es durch das angetrunkene Gegenüber zu einer Handgreiflichkeit hätte kommen können."
Bernd Schmidt (Göttingen)