"Diese Gedanken schrieb ich unmittelbar nach den Ereignissen nieder: Die erste freie Demonstration in Plauen – für viele überraschend und ein Erlebnis, das sich tief in unseren Herzen festgesetzt hat. Im Nachhinein sprechen viele von der 'Heldenstadt Plauen'. Wichtig ist doch nur, dass Plauen ein erstes Zentrum des gewaltlosen Widerstandes war! Plauen im Vogtland, gelegen an der Bahnstrecke Dresden–Hof, über die die geschlossenen Züge mit unseren Landsleuten aus der Prager Botschaft gerollt waren, Plauen im Vogtland, wo dann am regnerischen Republikgeburtstag die Hoffnung keimte, als erst hunderte, dann tausende gemeinsam unter strenger 'Beobachtung' vom tieffliegenden und immer über unseren Köpfen kreisenden Hubschrauber der 'Volks'-Polizei und versteckten (und doch entdeckten) Videokameras der Staatssicherheit vom Nachmittag bis in die späten Abendstunden gewaltlos für Veränderungen in diesem unserem Land demonstrierten.
Was forderten wir Plauener Bürger am 7. Oktober 1989? Es war der unüberhörbare Ruf nach Veränderung in unserem Land, so wie viele ihn auch in Michail Gorbatschows Forderungen nach Perestroika und Glasnost vernahmen.
Es war bedrückend zu sehen und zu erleben, dass unsere friedliche Demonstration mit der Demonstration bewaffneter Staatsmacht konfrontiert war, die nur auf einen Anlass wartetet, mit aller Brutalität zuzuschlagen. Es war bedrückend zu sehen, dass der von uns gewählte Oberbürgermeister sich hinter einer Kette von 'Volks'-Polizisten und mit Maschinenpistolen bewaffneten Kampfgruppeneinheiten im Rathaus verschanzte und über seiner 'Geburtstagsfeier der DDR mit geladenen bewährten Genossen' nicht den Mut fand herauszukommen, während seine Stadt 'auf den Beinen war' und ihn zu sprechen wünschte.
Es war gut zu sehen, dass unser Herr Superintendent Küttler der evangelisch-lutherischen Kirche vor diese Polizeikette trat, uns Mut machte und aus gegebenen Anlass zur Mäßigung mahnte ('Keine Gewalt').
Nachwort, geschrieben im Oktober 2008
Nicht alles, was wir damals dachten, hofften und wünschten ist so in Erfüllung gegangen, vieles ist anders gekommen, aber eines ist und bleibt wahr: Unsere friedliche Wende war richtig und überfällig!"
Martin Flach (Plauen)