Einige Minuten später stehen wir vor dem Grenzübergang Invalidenstraße. Die Grenzbäume sind nach oben gestellt. Nervös ziehe ich meinen Reisepass heraus. Es ist das erste Mal seit fast fünf Jahren, dass ich Ostberliner Boden betrete (in meinen Stasiakten, die ich 1992 einsehen konnte, steht der Vermerk: Einreiseverbot bis 31.12.1999). Mein Bruder ruft mir zu, ihm zu folgen. Wir kommen an dem Grenzhäuschen vorbei. Müde steht ein Grenzsoldat darin und winkt mich vorbei. Ich brauche nichts zu tun, keinen Ausweis vorzeigen, keine Fragen nach Schusswaffen und Munition beantworten, keine Taschen öffnen. Jetzt bin ich mir absolut bewusst, dass es bald keine DDR mehr geben wird. Ein Staat hat seine Souveränität, die an der Staatsgrenze beginnt, aufgegeben.
Ich besuche zum ersten Mal seit fünf Jahren wieder meine Verwandten in Ostberlin. Dort treffe ich auch meine Tante aus Basdorf, die bereits 1987 prophezeite, dass die DDR vor die Hunde gehen wird."
Detlef Bahr (West-Berlin)