Um die Perspektive zu vergrößern, habe ich einen Weitwinkel für das Format 6 x 6 verwendet. An den Bildausschnitten der Abzüge ist anschließend kaum etwas verändert worden, um so eine größtmögliche Objektivität zu bewahren. Es handelt sich um gesellschaftspolitische Fotografie. Ich habe diese Fotos allerdings zunächst nur aus Freude am Fotografieren gemacht, froh über die Gelegenheit, die sich mir bot.
Eine der Hauptschwierigkeiten lag für mich darin mit dem Fall der Berliner Mauer über ein Ereignis zu berichten, dass wegen seiner historischen Dimension und wegen seines symbolischen Wertes nicht nur für sich selbst steht, sondern mit dem Zusammenbruch des gesamten Ostblocks gleichgesetzt wird. In der Rückschau wird deutlich, dass die Fotoserie zum Teil gewiss unvollständig ist und nur eine beschränkte Sicht auf die damaligen Ereignisse bietet, die uns noch heute beschäftigen. Dennoch glaube ich, dass die Betrachter, und das gilt genauso für diejenigen, die diese Stadt gar nicht kennen, den Lärm und ebenso die Stille, die Geräusche, die Freudenschreie, ja selbst die Gerüche, wie beispielsweise die Auspuffgase des Trabbis in der U-Bahn-Station Friedrichstraße, und auch die Ängste und Hoffnungen in fast körperlicher Weise wahrnehmen können.
Wenn wir den Fall der Mauer heute als Glücksfall der Geschichte bezeichnen, so empfinde ich es jedenfalls auch für mich ganz persönlich als einen Glücksfall, die damaligen Ereignisse unmittelbar miterlebt haben zu können.“
Laurent Tchedry
Das Goethe Institut Thessaloniki stellte die Fotoserie von Laurent Tchedry 1999 unter dem Titel „Berlin, die Jahre der Wende“ anlässlich des 10jährigen Falls der Berliner Mauer aus. Der Text entstand für die Ausstellung und wurde für www.wir-waren-so-frei.de minimal überarbeitet.